eRNEUTE KRITIK AN ÖFFENTLICHKEITSFAHNDUNGEN

In den letzten Tagen wurden von der Polizei Bochum erneut zahlreiche Porträt-Fotos von FC-Fans veröffentlicht. Diese breite Öffentlichkeitsfahndung zielt darauf ab verschiedene Menschen zu identifizieren, denen zumeist der Vorwurf des Landfriedensbruchs im Rahmen des Bundesligaspiels zwischen dem VfL Bochum und dem 1. FC Köln vom 11.11.2023 angelastet wird. 

Unsere grundsätzliche Kritik an Öffentlichkeitsfahndungen findet ihr hier: 

UNSERE KRITIK ZU ÖFFENTLICHKEITSFAHNDUNGEN

Hinsichtlich des Bundesligaspiels zwischen dem VfL Bochum und dem 1. FC Köln vom 11.11.2023 ergeben sich für uns allerdings weitere, besorgniserregende Fragezeichen. Dies betrifft vor allem die Arbeit von Presse und Polizei, außerdem die Verhältnismäßigkeit. 

So haben wir im Anschluss an die Veröffentlichung der Öffentlichkeitsfahndung eine Anfrage an die Polizei Bochum gestellt, um prozessuale Abläufe zu erfragen. Darauf haben wir bis zur Veröffentlichung dieses Textes keine Antwort erhalten. Hier war für uns wichtig: 

(1) Wie wird die Öffentlichkeitsfahndung begründet? Ist diese Maßnahme verhältnismäßig?

(2) Welche Maßnahmen wurden vorab getroffen, um eine Identifizierung der Personen ohne Öffentlichkeitsfahndung zu erzielen?

(3) Wurden bestehende Daten von erkennungsdienstlichen Maßnahmen geprüft und abgeglichen? 

(4) Wurden Szenekundige Beamte abgefragt, um die gesuchten Personen zu identifizieren?

Unsere Kritik hierzu ist eindeutig: die Polizei Bochum nimmt billigend in Kauf, dass Menschen, mit vergleichbar geringfügigen Vorwürfen, erhebliche Einschnitte in ihre Persönlichkeitsrechte erleben müssen. Um die verantwortungslose Arbeit der Polizei beispielhaft auszuführen, möchten wir auf eine der gesuchten Personen aufmerksam machen:

Er ist als Vorsänger der Fanszene tätig. So ist er an jedem Spieltag ständig an der Spitze von Fanmärschen, neunzig Minuten für alle Menschen sichtbar auf dem Zaun und zu jeder Zeit repräsentatives Gesicht der Kurve. 

So stellt sich für uns die Frage: wenn ihn Spieltag für Spieltag tausende Menschen immer wieder wahrnehmen, warum ist die Polizei nicht in der Lage diese Person zu identifizieren? Entweder wird dort scheinbar unprofessionell gearbeitet und folglich verantwortungslos über Persönlichkeitsrechte hinweggesehen oder die Polizei nimmt dies wissentlich in Kauf, um Fußballfans unter Generalverdacht zu stellen und weiter unter Druck zu setzen.

Erschreckend ist im Weiterem der unreflektierte Umgang von bekannten Lokalzeitungen, die diese Öffentlichkeitsfahndung sowohl im Internet als auch in Print-Ausgabe reproduziert haben. So wird dort mitunter von „aggressiven FC-Fans“ getitelt und ihnen mit diesem Wording sofort die Unschuldsvermutung genommen. 

Festzuhalten ist hierbei auch, dass Presseorgane nicht dazu verpflichtet sind Öffentlichkeitsfahndungen zu teilen. So werfen derartig reißerische Aufhänger die Frage nach unabhängiger Berichterstattung auf und bestärken politische Anliegen der Polizei Fußballfans unter Generalverdacht zu stellen. 

Hinzu kommt, dass der Kölner Stadt-Anzeiger über mehrere Stunden hinweg Fotos von Personen im Internet veröffentlichte, die bereits von der Fahndungsseite der Polizei gelöscht wurden. Auch hier wurde bis zur Veröffentlichung des Textes auf ein Schreiben von unserer Seite an den Kölner Stadt-Anzeiger nicht reagiert.

Alles in allem bleibt unsere grundsätzliche Kritik an Öffentlichkeitsfahndungen bestehen. Hinzu kommt nun aber auch, dass wir eine lückenlose und transparente Aufarbeitung der Polizei Bochum, insbesondere hinsichtlich der Wahrung von Persönlichkeitsrechten, fordern! Außerdem fordern wir jegliche Presseorgane dazu auf, sich entschieden gegen die Beteiligung an Öffentlichkeitsfahndungen zu positionieren.

Öffentlichkeitsfahndungen, vor allem in dieser Form, tragen nicht zur Deeskalation bei, sondern gleichen unreflektierten Hetzjagden, die Fußballfans unter Generalverdacht stellen und Einzelpersonen in ihren Persönlichkeitsrechten verletzen.

Kölsche Klüngel

Fanhilfe 1. FC Köln

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